28. 10. 2017
Lutherorte – jenseits von Klischee und Postkartenidylle: neue Sonderausstellung öffnet am Reformationstag
Die Reformationsdekade erreicht ihren Höhepunkt, am Dienstag ist es endlich soweit: Vor 500 Jahren nagelte Martin Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg und wälzte damit die Kirchenlandschaft und die politischen Verhältnisse gehörig um. Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha zeigt zu diesem Anlass eine neue Sonderausstellung: „Schauplätze der Reformation – Fotografien von prominenten und weniger bekannten Orten, von wirklichen und konstruierten“.
Das Thema „Luther“ mag erschöpft scheinen, dem Fotografen Henning Kreitel aber ist es gelungen, Lutherorte auf eine etwas andere Art und Weise einzufangen – jenseits von Klischee und Postkartenidylle. Zwar hat Kreitel bei seiner 30-tägigen Reise durch Mitteldeutschland auch die Reformations-Klassiker in Wittenberg oder Eisenach eingefangen, er zeigt sie aber nüchtern und unaufgeregt. Statt glänzendem Sonnenlicht und knalligen Farben, tragen seine Fotos einen unaufgeregten Herbstlook: natürliches Licht und Oktoberwetter ist das Markenzeichen der Foto-Serie, aus der auch ein Buch gemeinsam mit dem Autoren Günter Kowa entstanden ist.
Zwischen Wartburg und Lutherstube haben sich auch Motive gemischt, bei denen der Betrachter erst einmal um die Ecke denken muss, um zu verstehen, was sie in einer Ausstellung zu suchen haben, die im Titel das Wort „Reformation“ trägt: Da wäre zum Beispiel die Aufnahme einer gemächlich vor sich hinfließenden Elbe mit weidenden Kühen im Hintergrund. Auf den ersten Blick eine Idylle ohne Lutherbezug, auf den zweiten ein Ort, der in die Geschichtsbücher als ein protestantischer Schicksalsort eingegangen ist: Mühlberg. Kreitel hat jene Stelle bei Mühlberg abgelichtet, an der die kaiserliche Armee 1547 den Fluss überquert hatte und die Truppen des Schmalkaldischen Bundes vernichtend geschlagen hat.
Die Wanderausstellung, die zuvor in Luthers Sterbehaus in Eisleben, im Landtag von Sachsen-Anhalt oder auch in den Franckeschen Stiftungen zu Halle zu sehen war, zeigt eine Auswahl der eindrücklichsten Aufnahmen des in Weimar geborenen Fotografen. Henning Kreitel selbst sagt über das Thema seiner Ausstellung: „Historische Schauplätze haben Anziehungskraft, obwohl die Bühne leer, das Ereignis vorbei, der Held längst tot ist. Aber der Ort befriedigt – gegebenenfalls enttäuscht – das Bedürfnis nach Ausstrahlung von Authentizität. Allenfalls beflügelt er doch die Vorstellungskraft. Historische Orte verändern sich, fügen neue Bedeutungen hinzu und öffnen dabei verschiedenen Blickwinkel auf das, was sie bezeugen.“ Noch bis zum 11. Februar 2018 sind Interessierte eingeladen, ihre Vorstellungskraft im Ausstellungskabinett des Herzoglichen Museums Gotha beflügeln zu lassen.