DEUTSCHE ERINNERUNGSLÜCKE KZ OHRDRUF
1944 – 2022 – 2100
Ein prospektives Denkmalprojekt

Zur Projektseite mit digitalem Denkmal geht es hier.

 

 

Ein Erinnerungsprojekt der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha in Kooperation mit den Arolsen Archives und der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora. In Zusammenarbeit mit der Weimarer Mal- und Zeichenschule sowie freien Künstler:innen, dem Staatlichen Schulamt Westthüringen und der Bundeswehr.

Unter gemeinsamer Schirmherrschaft der Städte Arnstadt, Gotha und Ohrdruf.
Teil des Netzwerk-Projekts Erinnern vor Ort des Anne Frank Zentrums.

Gefördert durch Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von „OPEN FRIEDENSTEIN!“.

 

Die Gothaer Synagoge lebt.
Fassadenprojektionen am Ort der Zerstörung & digitales Denkmal

inklusive des partizipativen Teil-Projekts „Vokabeln zur jüdischen Kultur“ mit Gothaer Schülerinnen und Schülern

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Anfang des 20. Jahrhunderts gehört die Gothaer Synagoge zum stolzen Teil der altehrwürdigen Residenzstadt, wird als Sehenswürdigkeit beworben, mitunter auf Augenhöhe mit Schloss Friedenstein. Der 11. Mai 1904 wird zum Zeichen für die „Toleranzleistung Stadt“: Als nach jahrzehntelangen Bemühungen die prachtvolle Synagoge feierlich eingeweiht wird, geschieht dies bemerkenswerterweise im Beisein des Staatsministers, des Oberbürgermeisters, des Oberhofpredigers sowie der Vorsteher der beiden großen christlichen Kirchen. Heute erleben wir in Thüringen mit der neuen Tora-Rolle für die Jüdische Landesgemeinde, finanziert von der evangelischen und katholischen Kirche, wieder solch ein Zeichen des interreligiösen Dialogs.

Vom 9. zum 10.11.1938, in der Nacht der staatlich organisierten Novemberpogrome, wird das prachtvolle Gebäude, 34 Jahre lang verankert mitten in der Stadt, geschändet und in Flammen gesteckt. Die Feuerwehr bewacht das Niederbrennen. Wenige Monate später beginnt der Abriss der Trümmer – auf Kosten der jüdischen Gemeinde, deren Mitglieder inhaftiert und deportiert werden.
Nach dem Krieg spielen Kinder auf der Brachfläche zwischen baulichen Überresten der „Syna“, ohne zu wissen, was damit gemeint ist. Später werden Parkplätze geschaffen, dann ein Supermarkt, in „Wohnscheiben“ hausen Menschen. Nach einem halben Jahrhundert des Vergessens wird 1988 ein Denkmal gesetzt. Nach dessen vorübergehenden Entfernung ist es seit Ende 2020 in neuer Gestaltung Teil des Fachmarktzentrums „Altstadtforum“.

Vom 27. bis 31. Oktober 2021 ist dieser Bereich, ein Durchgang zwischen zwei Gebäudeteilen, in den Abendstunden mit einer raumgreifenden Video-Sound-Installation zu einem Ort lebendigen Erinnerns geworden.
Seit dem 9. November 2021 ist die ästhetische Inszenierung als 360°-Aufnahme und VR-Experience dauerhaft erlebbar. „Die Gothaer Synagoge lebt“ ist digitales Denkmal geworden und versteht sich als notwendige Ergänzung des Erinnerungsortes, um aus der ritualisierten Form des Gedenkens auszubrechen und jüdisches Leben in Gotha, Thüringen und Deutschland sichtbar und fühlbar zu machen.
Über die YouTube-App ist das digitale Denkmal auf dem mobilen Endgerät auch als 360°-VR-Experience zu sehen.
 

 

Die Wirkmächtigkeit der systematischen Auslöschung jüdischen Lebens durch das NS-Regime ist spürbar bis in die Gegenwart. Die Fassadenprojektion „Die Gothaer Synagoge lebt“ macht wieder sichtbar, was unsichtbar gemacht worden ist: die Synagoge als Teil des Gothaer Stadtbildes und „jüdische Kultur“ als lebendigen Teil der „deutschen Kultur“. Ähnlich einer Flaschenpost hat sie, unbemerkt, in unserer Alltagssprache überlebt.

Sämtliche Schulen im Landkreis Gotha wurden deshalb im Frühjahr 2021 aufgerufen, sich an dem Teil-Projekt „Vokabeln zur jüdischen Kultur“ zu beteiligen. Es galt, im Unterricht oder in Arbeitsgruppen erarbeitete Vokabel-Begriffe wie „Bar/Bat Mitzwa“, „Hals- und Beinbruch“ oder „zocken“ einzureichen. Die Vokabeln stehen ab sofort zum kostenlosen Download bereit.

„Die Idee ist“, so Christoph Mauny von der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha, „Erinnerungskultur, Sprachwissenschaft und Medienkunst am historischen Ort zu vereinen.“ Jene drei Bereiche verbinde ein „jeder noch so brutalen Realität trotzendes Grundprinzip“, wie der Projektleiter erläutert: „In ihnen sind die Toten nicht tot“ – und so blieben auch die Gothaer Synagoge und mit ihr die jüdische Kultur der Stadt „real“. Die Stiftung, die unter anderem die Sammlung zur Stadtgeschichte Gothas bewahrt, wolle mit der urbanen Installation zugleich „die gesellschaftliche Rolle von Museen neu denken“.

Ein Projekt der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha in Kooperation mit Genius Loci Weimar und in einer Produktion von NIVRE Film & Studio, gefördert von der Thüringer Staatskanzlei im Rahmen von „Neun Jahrhunderte jüdisches Leben in Thüringen“ (zur Themenseite hier). Das Teil-Projekt „Vokabeln zur jüdischen Kultur“ wird gefördert vom Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Rahmen des Landesprogramms „Denk bunt“.
In Zusammenarbeit mit der Stadt Gotha, der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, dem Staatlichen Schulamt Westthüringen sowie Schulen und Jugendlichen aus dem Landkreis Gotha.

 

 

Memory Walk – Befrage deinen Ort zu seiner Geschichte

Video-Workshop in Kooperation mit dem Anne Frank Zentrum (Berlin)

Ein Projekt, sieben Jugendliche – zwei Auszeichnungen: Beim regionalen Schülerwettbewerb „Demokratie gestalten – aber wie?“ des Staatlichen Schulamts Westthüringen wurde das Projektteam „Memory Walk“ 2021 mit dem Hauptpreis „Demokratisches Engagement vor Ort“ in der Kategorie „Schülergruppe“ ausgezeichnet. Bei der Verleihung widmete das junge Team den Preis allen heute in Gotha und dem Landkreis lebenden Jüdinnen und Juden. Auch beim Thüringer Landeswettbewerb „Demokratisch Handeln“ wurde das Gemeinschaftsprojekt prämiert – als Best-Practice-Beispiel im Themenfeld „Historisch-politisches Lernen“.

Bei dem Video-Workshop „Memory Walk – Befrage deinen Ort zu seiner Geschichte“ der Stiftung Schloss Friedenstein Gotha in Kooperation mit dem Anne Frank Zentrum haben die Jugendlichen dokumentarische Kurzfilme zur Erinnerungskultur in Gotha produziert.

Das Format „Memory Walk“ basiert auf der Idee des Anne Frank Hauses in Amsterdam, junge Menschen zu ermutigen, sich aktiv mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust anhand der spezifischen Geschichte ihres Ortes auseinanderzusetzen. Wesentlicher Zugang für diese Auseinandersetzung ist die Frage, wie im lokalen Raum an historische Ereignisse und Entwicklungen erinnert wird und wie diese Erinnerungskultur unseren heutigen Blick auf die Vergangenheit beeinflusst.


»Memory Walk« in Gotha: Denkmal für die Synagoge


»Memory Walk« in Gotha: Gedenktafel am Bahnhof

 

Weitere Infos findet ihr im Flyer vom Anne Frank Zentrum in Berlin und auf der Webseite des Anne Frank House in Amsterdam.

Der Workshop wurde im Rahmen des Projekts 1939.2019 – Vielfalt lokaler Erinnerung des Anne Frank Zentrums umgesetzt. durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im Rahmen des Bundesprogramms Zusammenhalt durch Teilhabe.

 

 

TSURIKRUFN! – Behrendt Pick und die tempeltragenden Gottheiten
 

In Kooperation mit AsKI – Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V.


 

Um 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland zu feiern, haben die Mit­glieds­institute des AsKI – Museen, For­schungs­institute und Dokumen­ta­tions­einrichtungen – ihre Archive geöffnet. Unter dem Motto „tsurikrufn!“ – dem jiddischen Wort für „erinnern“ – erzählen sie beeindruckende Geschichten von jüdischen Persönlichkeiten und ihren Beiträgen zur Kultur in Deutschland.

Die Stiftung Schloss Friedenstein Gotha beteiligt sich an dem großen Gemeinschaftsprojekt mit einem Beitrag über den um die Jahrhundertwende international bekannten Gelehrten Behrendt Pick (1861–1940). Über die Hälfte seines Lebens leitete Pick, dessen Doktorvater Theodor Mommsen ihn zur Numismatik brachte, das legendäre Gothaer Münzkabinett, wurde sein erster Direktor und darf mit etwa 30.000 Neuerwerbungen als eine der ganz großen Sammler-Persönlichkeiten des Friedensteins gelten. Als langjähriger Professor an der Universität Jena und Mitbegründer der Gothaer Volkshochschule hat er sich darüber hinaus um die kulturelle Bildung in Thüringen verdient gemacht.